INTERVIEW: NICOLE STRECKER
K.WEST: Sie sind nun etwa fünf Monate im Amt. Was vor allem hat Sie in der ersten Phase Ihrer Tätigkeit beschäftigt?
MASUCH: Vor allem Fragen zur Identität des Hauses. Wie positioniert man das Haus in Düsseldorf, in Deutschland, international?
K.WEST: Was macht die neue Identität des Tanzhauses aus?
MASUCH: Das Tanzhaus NRW steht schon lange für die drei Bereiche ›Bühne‹, ›Akademie‹ und ›Junges Tanzhaus‹. Daran wird sich nichts ändern. Was sich ändern wird, ist eine intensivere, langfristige Künstlerförderung, mit der wir uns zu bestimmten Choreografen bekennen wollen. Ich verstehe das Tanzhaus NRW als eine Art Brutstätte für aufregenden Tanz, und so wollen wir für jeweils zwei Jahre mit Künstlerpersönlichkeiten – den »Factory Artists« – arbeiten, die das Haus als ihre Heimstätte ansehen und durch ihre künstlerische Arbeit prägen. Sie sind nicht nur Gäste, sondern Teil des Arbeitsteams. Wir werden auch im internationalen Gastspielbereich versuchen, nicht nur eine Arbeit von einem Künstler einzuladen, sondern zusätzlich vielleicht eine Arbeit, die er für Kinder und Jugendliche geschaffen hat. So erhält der Besucher ein etwas umfassenderes Bild von einem Künstler, als nur die spontane Begegnung mit einem Werk. Auch das geschieht mit der zentralen Frage: Wie können Künstler näher an ein Haus rücken und diese Verbindung produktiv gestalten?
K.WEST: Für die erste Runde der »Factory Artists« haben Sie Alexandra Waierstall aus Düsseldorf, Sebastian Matthias aus Berlin und Jan Martens aus Antwerpen ausgesucht. Welche ästhetischen Facetten bedienen diese drei Choreografen?
MASUCH: Mir war wichtig, dass sie sehr verschieden sind. Alexandra Waierstall gelingt es, atmosphärisch dichte Stücke zu entwickeln. Das gibt es im Moment nicht oft im zeitgenössischen Tanz. Jan Martens ist ein Choreograf, der auf den ersten Blick konzeptuell arbeitet in Bezug auf eine bestimmte Körpersprache. Aber letztlich tragen seine Stücke immer einen sozialen Aspekt in sich. Zum Beispiel das Duo »Victor«, das wir im Herbst hier zeigen werden, ist ein Stück mit einem 12-jährigen Jugendlichen und einem erwachsenen Mann, beide mit nacktem Oberkörper. Alles ist streng choreografiert, aber man sitzt als Zuschauer in dieser Vorstellung und kann nicht anders, als über Missbrauch nachzudenken. Man merkt: Der eigene Blick ist nicht mehr unschuldig. Und Sebastian Matthias arbeitet immer an der Frage: ›Wie kann ich das Publikum in eine Inszenierung einbeziehen?‹
K.WEST: Interaktion mit dem Publikum ist Ihnen bei der Spielplangestaltung generell wichtig. Es soll künftig auch eine Zuschauerakademie oder kleine Trainingseinheiten mit Zuschauern vor den Performances geben. Partizipation für die Generation Facebook?
MASUCH: Alles aus dem Bereich Social media hat Relevanz und verändert die Art, wie wir Kunst wahrnehmen. Ich glaube, die jüngere Generation …
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