TEXT: STEFANIE STADEL
Liza Minnelli, Elizabeth Taylor und Andy Warhol zählten zu den Stammgästen. MichaelJackson und die Jaggers, Madonna und Salvador Dalì. Grace Jones zeigte sich gerne nackt im legendären New Yorker »Studio 54«. Die Tanzfläche dort fasste um die 500 Leute. Für die nötige Stimmung sorgten jede Menge Kokain und Champagner in Strömen. Party bis zum Umfallen – und mittendrin Tod Papageorge mit der Kamera. In der Kölner Galerie Zander legen seine präzisen Momentaufnahmen in Schwarzweiß jetzt Zeugnis ab vom exzessiven Treiben in der wohl exklusivsten Disco der Welt. Ende der 70er Jahre ging hier die Post ab, wie nirgendwo sonst.
Man sieht Damen, die ihre prallen Reize im hautengen Glanzanzug zur Schau stellen, und gut gebaute junge Männer, die kaum mehr als rote Zipfelmützen anhaben. Ein Meer von Luftballons klebt unter der Decke. Anzugträger kuscheln zwischen großen Kissen, und die Tanzfläche ist vollgestopft bis zum Gehtnichtmehr. Aber damit ist das Nightlife-Panorama nicht am Ende. Es reicht bis in die frühen Morgenstunden: Schamlos schaut PapageorgesObjektiv all den Party-Leichen ins Gesicht, die abgekämpft, entgleist und manchmal halbnackt auf Sofas, in Ecken und auf Treppen hängen.
Gerade einmal drei Jahre lang blühte das Nachtleben an Manhattens 54th Street – zwischen 1978 und 1980. Papageorge war die ganze Zeit über dabei, fasste mit viel ästhetischem Gespür und großer Präzision ins Bild, was die Atmosphäre dort ausmachte. Ungeheuer leben-dig und kein bisschen abgestanden wirken die künstlerischen Zeitdokumente des 1940 geborenen US-Fotografen.
Viel hatte man bisher nicht gehört oder gesehen von ihm. Papageorge war Mitte der 60er Jahre nach New York gekommen und hatte sich dort dem zwölf Jahre älteren Pionier der Street Photography Garry Winogrand angeschlossen. Beinahe täglich waren die beiden unterwegs. Papageorge fotografierte Menschen in Sportstadien, nahm den Alltag im Central Park ins Visier. Dabei lenkte er den Blick selten auf das Individuum, vielmehr interessierte ihn offenbar der Mensch als soziales Wesen. So auch in den Fotos aus dem »Studio 54«, die sicher zu den Höhepunkten seiner Karriere zählen.
Am 4. Februar 1980 schloss der berüchtigte Club. Die Party an diesem Abend lief unter dem Motto »das Ende des modernen Gomorrah». Silvester Stallone soll den letzten Drink bestellt haben.
Während der Kollege Winogrand in die Fotografiegeschichte einging, übernahm Papageorge früh eine Professur an der Yale University. Zu seinen Schülern zählten spätere Stars wie Philip-Lorca diCorcia oder Anna Gaskell. Papageorge selbst musste über 70 Jahre alt werden, um endlich vom Kunstmarkt entdeckt zu werden.
Galerie Thomas Zander, Köln, bis 12. April 2014. Tel.: 0221/9348856. www.galeriezander.com