TEXT: ANDREAS WILINK
Es ist eine kleine Liebesgeschichte und damit, außer für die Beteiligten, wie immer banal. Es ist aber auch eine große Liebesgeschichte. Denn den weiblichen Part spielt die zu ihrer Zeit berühmteste Frau der Welt: Lady Diana, Prinzessin von Wales, getrennt lebend von Charles, dem Thronfolger des Britischen Empire. Oliver Hirschbiegel inszeniert seinen zweiten »Untergang«. Wiederum interessiert ihn die private Person während ihrer letzten zwei Lebensjahre mehr, als im Hitler-Bunker der Public Enemy und nun (mit Ausnahme für die Royals) Everybody’s Darling Diana. Aber exakt lässt sich das eine nicht vom anderen lösen, schon gar nicht bei der zu Tode fotografierten Diana, die durch die Meute der sie hetzenden Paparazzi 1997 bei einer Autofahrt ihr Leben verlor. Der Film beginnt im Ritz in Paris und endet vor ihrem Londoner Wohnsitz, an dem zahllose Menschen Blumen über Blumen ablegen, um sich von der »Prinzessin der Herzen« zu verabschieden. Darunter auch Dr. Hasnat Khan (Naveen Andrews). Der Muslim aus Pakistan ist, zumindest in diesem Film, Dianasgroße Liebe. Aber die Beziehung zu dem Herzchirurgen scheitert. Es gibt kein Leben außerhalb des Öffentlichen für sie, ausgesetzt dem Staunen, der Neugierde, dem verschämten Lachen und Flüstern. Sich mit dunkler Langhaarperücke Freiheit und Anonymität zu stehlen, mit dem Geliebten einen Jazzclub zu besuchen und aufs Land zu fahren, gelingt nur für Momente. Naomi Watts, die großartige Hauptdarstellerin, unternimmt fast nichts, um als Doppelgängerin Dianas zu erscheinen. Wohl aber hat sie Noblesse, Stil, Würde und Format, vielleicht mehr, als in ihrer medialen Wirkung die echte Diana. Hirschbiegels »Diana« mag spekulativ sein, reißerisch ist er nicht. Eher spröde. Zunächst setzt sich, schnell montiert, ein Mosaik aus diversen Situationen zusammen: Diana allein im Bett, am Schminktisch, am Flügel mit Beethoven und Bach, beim Jogging, in der Oper, beim TV-Interview. Erst die Begegnung mit Khan und dessen realer Lebens- und Arbeitswelt hebt die Kurzatmigkeit des Vorherigen auf und balanciert auch dramaturgisch Dianas innere Unruhe aus. Hirschbiegel entscheidet sich deutlich für die moralische Seite der Diana, nicht für das Partygirl, den glamourösen Jestset- und Showbiz-Star, sondern für die Kämpferin gegen Landminen und die sozial engagierte, mitfühlende Zelebrität. Der Windsor-Hof bleibt ausgeblendet, die Krise der Monarchie Hintergrund. Die Queen hat keinen Auftritt. Und Dodi Fayed erscheint als von Diana kalkuliert inszenierter Ersatz für den Herzens-Doktor. In der Todesnacht hören wie das vielfache Klingeln von Telefonen; eine Nummer aber ist nicht mehr zu erreichen.
»Diana«; Regie: Oliver Hirschbiegel; Darsteller: Naomi Watts, Naveen Andrews, Douglas Hodge, Cas Anvar, Juliet Stevenson; GB 2013; 113 Min.; Start: 9. Januar 2014.