TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Der Werkzeugkasten und der Akkuschrauber können getrost im Keller bleiben – genauso wie der Beutel mit der Inbusschlüssel-Sammlung vom Möbelskandinavier im Gewerbegebiet, die man schon längst entsorgt haben wollte. Für den Aufbau des Tisches »plug(n)ply I« sind derlei Hilfsmittel nicht nötig. Die vier einzelnen Elemente, die als Unterkonstruktion dienen, und die Tischplatte werden werkzeuglos und rasch zusammengesteckt; zwei straff gespannte, farbige Seile stabilisieren das Ganze. Alles ganz einfach – bisher haben sich lediglich zwei leicht überforderte Kunden bei »Stückwerk« zurückgemeldet, die mit der Konstruktion beim ersten Versuch nicht zurechtkamen.
Die Grundidee hinter »plug(n)ply I« entstammt einer Semesterarbeit der beiden Tischler und Designstudenten René Struttmann und Johannes Laue von der FH Dortmund. Aufgabe war die Entwicklung eines Tischgestells, die Struttmann und Laue mit der einfachen und doch ungewöhnlichen Seilkonstruktion lösten. Ihre Dozentin erkannte das Potenzial der Idee und bestärkte die beiden, mit ihrem Proto-Typ an die Öffentlichkeit zu gehen und ihn zu vermarkten. Sie meldeten mit »Stückwerk« ein Gewerbe an, das sich aber nicht als Tischlerei, sondern als Designbüro versteht und präsentierten »plug(n)ply I« im Frühjahr auf der »Designers Fair«-Messe während der Kölner »Passagen«. Die Indie-Möbelmesse spülte ihnen genau die richtige, design- und trend-affine Zielgruppe vor den Tisch – erste Kontakte wurden geknüpft, u.a. zur Online-Designplattform »Monoqi«, die nun auch die Möbel von »Stückwerk« vertreibt.
»plug(n)ply I« wird aus schichtverleimtem Birkenholz gefertigt. Interessenten können sich den Tisch aus verschiedenen Komponenten zusammenstellen – so gibt es die Tischplatte in geölter Birke-Natur, aber auch in einer weiß beschichteten Ausführung. Auch die Seilschaft unter der Platte ist in verschiedenen Farben erhältlich, wie dem momentan schwer angesagten, blassen Mintgrün. Neben »plug(n)ply II«, einer kleineren Tischvariante mit ähnlichem Stecksystem, haben Struttmann und Laue mit »work(n)travel I« einen Schreibtisch entworfen, der zwar von der typischen Linienführung, den bogenförmigen Kanten und markant nach außen gestellten Tischbeinen, perfekt in die »Stückwerk«-Kollektion passt, aber einen gewaltigen Unterschied aufweist. Die Tischbeine stecken in vergleichsweise grobschlächtigen, pulverbeschichteten Verbindungselementen aus Stahlblech und sind darin mit dicken Schrauben fixiert. Was wie ein inkonsequenter Stilbruch wirkt, soll ein gestalterisches Statement sein: »Wir wollten damit bewusst einen Kontrast zu den bisherigen Entwürfen schaffen«, sagt René Struttmann. Zudem lässt sich bei »work(n)travel I« ein kleiner Teil der Schreibtischplatte herauslösen und als durchdachte Kabeldurchführung nutzen.
Für ihr aktuelles Objekt haben Struttmann und Laue aber erneut begonnen, Strippen zu ziehen. Man sollte als Designer halt nichts ausschließen. Diesmal ist es ein Stuhl, bei dem zwar nichts mehr gesteckt, aber alle Bauteile raffiniert zusammengeschnürt werden – eine mutige Technik, die zu erstaunlicher Stabilität führt. Auf ihrer Webseite ist das Sitzmöbel momentan noch als Entwurf gelistet, hat mittlerweile aber Marktreife erlangt und wird, genau wie der Tisch »plug(n)ply II«, von der »WfB-Werkstatt für Behinderte Lippstadt« hergestellt.
www.stueckwerk-design.com