TEXT: REGINE MÜLLER
Das Detmolder Landestheater hat sich zu einem beachtlichen Wagner-Haus entwickelt. Unter der Ägide von GMD Erich Wächter und dem inszenierenden Intendanten Kay Metzger entstanden ein kompletter »Ring«, ein luzider »Parsifal« und nun auch der »Tristan«. Wächter krönt damit seine zehnjährige Amtszeit, die mit dieser Spielzeit endet, während der seit acht Jahren wirkende Kay Metzger unlängst bis 2018/19 verlängert wurde. Im Orchestergraben findet trotz der von Wächter initiierten Vergrößerung nicht die volle »Tristan«-Besetzung Platz, statt zwölf spielen nur acht erste Violinen, der Bläsersatz aber tönt in originaler Stärke. Das dynamische Gleichgewicht verschiebt sich dadurch ein wenig, der Streicherklang wirkt bisweilen etwas schütter, insgesamt aber findet man zu einem sich dramatisch verströmenden, durchhörbaren Ton, der in der trockenen Akustik des Jugendstil-Schmuckkästchens in seiner Klarheit imponiert.
Regisseur Metzger beweist erneut, dass bei Wagner weniger oftmals mehr sein kann. Petra Mollèrus baut auf die Drehbühne einen strahlend weißen, halbrunden Raum mit großen Fenstern: aseptische Büro- oder Amtsstube, die buchstäblich eine Nachtseite hat, nämlich einen schwarz ausgeschlagenen Raum mit Flügel. Da hinein zieht das hohe Paar sich immer dann zurück, wenn von letzten Dingen und der Liebe die Rede ist. Wie zuletzt in Vera Nemirovas Bonner »Tristan« deutet auch Metzger die tödliche Leidenschaft als Künstlerliebe und ihre Ekstasen als Schaffensrausch. Zum Liebestod baut Isolde sich hinter einem Notenständer auf, wobei Tristan sie mit schwarzen Todesengel-Schwingen am Flügel begleitet. In den ersten beiden Akten überzeugt das schnörkellose Konzept, doch wirkt das Spiel leicht unterspannt. Das ändert sich im dritten Akt, die Konzentration steigt steil an, es geht unmittelbar unter die Haut.
Das liegt auch an Michael Babas Tristan, der zunächst spürbar seine Kräfte schont, um zum Finale aufzutrumpfen. Sein lyrisch angelegter Tenor klingt etwas matt, doch Baba kompensiert den Mangel mit Geschmack und Nuancen. Joanna Konefals sehr junge Isolde beeindruckt mit müheloser Kraft, die Spitzentöne klingen robust und sicher, allerdings eine Spur scharf. Doch wenn die polnische Sopranistin klug wirtschaftet, wird man von ihr im schweren Fach noch hören. James Tolksdorf ist ein dynamischer, hell timbrierter Kurwenal, Guido Jentjens ein kämpferischer, jung auftretender König Marke mit schönem Legato, Monika Waeckerle eine flammende, schlank angelegte Brangäne. Detmold macht aus der Not räumlicher Enge eine Tugend.