TEXT: REGINE MÜLLER
Die Rheinoper hat für Alexander Zemlinskys Einakter »Eine florentinische Tragödie« und »Der Zwerg« auch zwei Regie-Teams engagiert. Am Düsseldorfer Opernhaus kommt ein höchst heterogener Abend heraus, Immo Karamans souverän inszenierter »Zwerg« trennt Welten von Barbara Klimos verzappelter Dreiecks-»Tragödie«. Zemlinskys Sujets sind Nachhall auf die Erkenntnisse der damals jungen Psychoanalyse und getränkt vom Parfüm schwüler Erotik. Klimo erschlägt die sadomasochistisch grundierte Dreiecksgeschichte in scheußlichen Kostümen und Kulissen brachial mit Mitteln der Verfremdung und liest sie als Protokoll einer Psychoanalyse.
Im stummen Vorspiel finden sich Statisten zum Kinobesuch ein. Während der imaginäre Film läuft, schläft die ehebrecherische Bianca ein, die eigentliche Opernhandlung spult dann als lachhaftes Traumspiel à la Magritte ab – der Geliebte ist nichts als ein Schattenanteil Biancas, und der arme Corby Welch (mit strahlend herrlichem Tenorlegato) muss als Guido Bardi groteske Break-Dance-Zuckungen hinlegen. Immerhin singt das Trio vorzüglich, und Jonathan Darlington am Pult der famos aufgelegten Düsseldorfer Symphoniker liefert den köstlich schimmernden Kontrapunkt zum Bühnen-Krampf.
Karaman reißt es dann raus: Bühnenbildnerin Nicola Reichert zeigt eine suggestiv verschachtelte, sakral anmutende Salon-Architektur, die mit einem Blick mehr über Abgründe des Traums und Zerrbilder der Identität sagt, als der gesamte erste Einakter. Die Handlung nach Oscar Wildes »Geburtstag der Infantin« ist noch vertrackter als die der »Tragödie«. Die Inszenierung lässt an pubertäre böse Mädchen-Fantasien aus dem Reich des Balthus denken, wenn die Infantin (Sylvia Hamvasi), die ihr erotisches Spiel mit dem verliebten Zwerg (furios: Raymond Very) treibt, um 25 Internats-Elevinnen im gleichen Karoröckchen vermehrt wird. Alles entwickelt sich aus dem Gestus der Musik und einer raffiniert spannungsvollen Personenführung. Gesungen wird wiederum hinreißend, das Ensemble ist geschlossen stark; die Symphoniker laufen unter Darlingtons delikat intelligenter Stabführung zu Höchstform auf.