TEXT: SASCHA WESTPHAL
Drückende Dunkelheit liegt über der Bühne. Das Leben scheint unter ihr begraben zu sein. Ein dünner Lichtstrahl durchdringt die Nacht. Die dünnen Nebelschwaden, die um ihn her kreisen, bilden eine Art Strudel oder ein schwarzes Loch, das die Welt verschluckt hat. Dann erscheinen Gestalten, als kämen sie aus diesem Tunnel auf die Bühne – und in die Welt. Boten aus einer Zukunft. Fünfmal versinkt der einstige Tanzsaal der seit Jahren geschlossenen Tanzschule in der Maxstraße, die das Essener Schauspiel als Spielort für die Uraufführung von Noah Haidles »Skin Deep Song« ausfindig gemacht hat, in Dunkelheit. Die gespenstischen Vor- und Zwischenspiele strukturieren die »schwarze Komödie« des jungen amerikanischen Autors in einer Welt, in der ein namenloser Krieg wütet. Bilder für die Endzeit der Menschheit. Der heruntergekommene Saal mit löchriger Decke bietet die passende Atmosphäre von Zerstörung und Verwahrlosung.
Zu den wenigen Überlebenden dieser Postapokalypse gehören die Schwestern Mimi und Woden, die auf ihren Wegen die in Säcke gehüllten Leichen ihrer Eltern hinter sich her ziehen. Trost finden sie nur in der Vergangenheit. Also erzählt sich das von Silvia Weiskopf und Floriane Kleinpaß gespielte Geschwisterpaar die Witze ihres Vaters Stacey. Wenn die beiden die gute alte Zeit in ritualisierten Rollenspielen wieder aufleben lassen, wird die Gegenwart etwas erträglicher für sie. Becketts Spiele gegen das Ende schwingen in Thomas Krupas textgetreuer Inszenierung stets mit. Nur wird aus dem Endspiel hier ein hysterisches Kinderspiel. Im Schatten ihres Vaters, dem vulgären Familientyrannen Stacey (Tom Gerber), und ihrer Mutter, der überdrehten Südstaaten-Schönheit Gay (Bettina Schmidt), hatten Mimi und Woden nie die Chance, erwachsen zu werden. Es ist, als träfen in ihren absurden Spielen Becketts Wladimir und Estragon auf Cocteaus »schreckliche Kinder«.