TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
»Spartanische Klappkiste« ist nicht gerade schmeichelhaft für ein Möbelstück aus einer Designkollektion. Trifft die Sache aber ganz gut, was auch der Designer selbst, von dem dieser Begriff stammt, so sieht. Sebastian Greim nennt seinen Faltsessel wortwitzig-anglizistisch »auch KlubStool«; dabei hat sein Entwurf so gar nichts mit jenen klassischen Klappstühlen zu tun, die auf Partys kirchenbankgleich die Wirbelsäule ruinieren.
Zunächst ist der »KlubStool« ein platzsparendes, sechs Zentimeter schmales Paket, das sich in Minutenschnelle und mit nur drei Handgriffen in einen Sitzkubus verwandeln lässt. Zugegeben – auf den ersten Blick sieht der »KlubStool« nicht gerade bequem aus; zu kantig scheint die eckige Formgebung zu sein. Dass es mit dem Sitzen dann doch ganz gut klappt, dafür sorgen die bewegliche Rückenlehne, die sich der Körperform flexibel anpasst, und die nach hinten geneigte Sitzfläche. Der »KlubStool« wird aus einem Stück laminierten Birkenfurniers gefertigt – ein ganz besonderer Verbundwerkstoff, den Greim verbaut. Dieser besteht nämlich nicht nur aus Holz; im Inneren der Platten verbirgt sich eine Mittellage aus reißfestem Textil.
Punktgenau werden V-förmige Nuten bis zur Textillage in den Werkstoff gefräst; so entsteht ein ungewöhnliches Scharniersystem aus Stoff, das ohne weitere Beschläge auskommt. Aus einer Birkenfurnier-Platte werden immer zwei Sessel gefräst, zudem sind unterschiedliche Farb- und Laminatkombinationen möglich.
Das Handwerk steht für Greim im Vordergrund des Gestaltungsprozesses, und das ist für ihn auch der Unterschied zum universitären »FH-Design«, wie er es nennt. Greim, Jahrgang 1977, stammt aus einem kleinen Dorf im Odenwald und begann 1998 im dortigen Michelstadt an der »Berufsfachschule für das Holz und Elfenbein verarbeitende Handwerk« eine traditionell geprägte Tischlerausbildung. Ab 2002 zog es Greim nach Münster, wo er an der »Akademie Gestaltung« einen Werkstudiengang absolvierte, vorher hat er noch an der Restauration eines Jugendstilhauses mitgearbeitet. Weitere Stationen waren Freiburg (2004) – an der dortigen Handwerkskammer machte Greim seinen Meister im Tischlerhandwerk und besuchte in dieser Zeit immer wieder das Vitra Design Museum in Weil am Rhein, das sein Interesse an Architektur weckte. 2005 geht es schließlich nach Berlin, 2006 gründete er sein Interiourlabel »GreimDesign« und kehrte, der Liebe wegen, 2009 zurück nach Münster, wo er auch als Dozent an eben jener »Akademie Gestaltung« tätig ist.
Auch die anderen Stücke des »GreimDesign«-Sortiments strahlen eine robuste, odenwäldisch-westfälische Bodenständigkeit aus, ohne plump zu wirken. Möbel für die alltägliche Nutzung, keine skulpturähnlichen Gebilde, die nur bewundert werden wollen. Genau wie der »KlubStool«, den man, trotz der scheinbar empfindlichen Textilscharniere, auch mal auf der Terrasse im Regen stehen lassen kann, und unter dessen Sitzfläche auch »genug Platz für eine Kiste Bier ist«, wie Greim ironisch wie pragmatisch betont. Und für die diejenigen, die dem Bequemlichkeits-Versprechen nicht ganz trauen, hat Sebastian Greim dann doch noch die passenden Polster im Angebot.