TEXT: STEFANIE STADEL
Noch ist alles dicht. Die Türen zu, die Lampen aus, und das große Schaufenster mit verdunkelnder Folie beklebt. Etwas verspätet eilt der schlanke Jungmann im Retro-Schick mit Scheitel und Hornbrille herbei. Öffnet Tür, Tor und drängt, bevor man sich womöglich setzen will, zum Rundgang durch seine Galerie. Eine kleine, einnehmende, auch überzeugende Gruppenschau hat Max Mayer da eingerichtet.
Im ersten Raum hinter dem verklebten Schaufenster saugt Anne de Vries’ Großprojektion mit würfeligen Wolkenbildern den Blick in die Tiefe. Im Zimmer dahinter warten zwei galaktische Gemälde von Cornelius Quabeck – schichtweise legen sich hier Flecken, Spritzer, Sprühnebel und opake Zonen übereinander, erweitern so den Bildraum ins Unbestimmte. Und zum Finale in der hintersten, finstersten Kammer fesselt Cayetano Ferrer den Besucher mit seinem phantastischen Lichtspiel auf gestuftem Podest.
Unter seinem ordentlichen Scheitel sieht Mayer etwas fertig aus und fühlt sich wohl auch so, wofür er sich entschuldigt. Zum Auftakt des Rundgangs durch die Düsseldorfer Akademie war am Abend zuvor Party in der Klasse von Christopher Williams, und er hat aufgelegt – Techno und Hip-Hop. Dabei sei es ziemlich spät geworden, sagt er lächelnd. Ab und zu mache er gerne den DJ, wenn ihn Freunde fragen.
Offenbar ist er fest vernetzt in der hiesigen Szene. Obwohl er doch eigentlich noch gar nicht so lange zurück ist. Über sechs Jahre hatte er an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe Kunstwissenschaft und Medientheorie studiert, nebenbei seit 2008 seinen Ausstellungsraum, die »Mayerei«, betrieben. »Eine großartige, wichtige Zeit«, bemerkt er. Zurück in seiner Heimatstadt Düsseldorf, nahm Mayer dann vor rund einem Jahr die für ihn ohne Zweifel überaus hoffnungsvolle Galeristenkarriere in Angriff. Seither steht der junge Mann mit der Überflieger-Aura unter genauer Beobachtung, wie es scheint.
Kein Wunder. Hatte es doch schon Jahre keine größeren Bewegungen in der hiesigen Galerienlandschaft gegeben. Und dann kommt einer wie er daher – jung, strebsam, ziemlich selbstbewusst. Und noch dazu Sohn des großen Hans Mayer: beinahe schon eine Legende mit seiner Pracht-Galerie am Grabbeplatz.
Eindruck macht natürlich ebenso die klatschträchtige Verbindung des Junggaleristen mit der acht Jahre älteren Glamour-Frau und Supersammlerin Julia Stoschek. Stört es ihn nicht, dass alle Welt über das schöne neue Paar auf Düsseldorfer Parkett redet und schreibt? Dass immer der Name Stoschek fällt, auch wenn es eigentlich mal nur um ihn gehen sollte? »Nein, es war ja von Anfang an klar, dass das passieren würde«, erklärt Mayer ungerührt. »Und wenn mich das stören würde, hätte ich nicht mit ihr zusammenkommen dürfen.«
So gehen die beiden denn von Anfang an auch eher offensiv mit dem Thema um – etwa, wenn sie vor der Kamera John Lennon und Yoko Ono beim »Bed-In« mimen. Oder auch bei ihrem Auftritt im Kölnischen Kunstverein, wo sich der Galerist auf allen Vieren von seiner neuen Lebensgefährtin Gassi führen ließ. Ganz so wie einst Peter Weibel als hündisches Anhängsel in Valie Exports berühmter Performance.
Etwas später, beim Galeristen-Einstand im April 2011 in Düsseldorf, mischte Stoschek dann auch wieder mit. Mayer hatte damals noch keine eigenen Ausstellungsräume, stattdessen besetzte er mit dem ersten Projekt unterschiedliche, für ihn biografisch irgendwie bedeutsame Orte in der Stadt: Wohnungen, darunter die eigene, ein nobles Hotelzimmer, den Sitzungssaal im Ratinger Tor. Stoschek räumte für den neuen Mann an ihrer Seite eine Ecke im Vorraum der eigenen »Collection« frei.
Seine feste Bleibe hat er dann in einem ehemaligen Antiquitätenladen an der Worringer Straße gefunden und nach gründlichem Umbau im September bezogen: Drei Räume nicht weit vom Hauptbahnhof. »Ich wollte immer hierher«, sagt er.
Auch das große Schaufenster ist ihm wichtig. »Dass jeder hereinschauen kann – der Raum ist ja ganz wesentlich dafür, wie man wahrgenommen wird. Aber warum gerade Düsseldorf? Warum nicht Karlsruhe, wo Mayer mit seinem Projektraum doch so gut eingeschlagen war? Gar Peter Sloterdijk als Eröffnungsredner und Gregor Jansen als Co-Kurator gewinnen konnte. Und wenn schon weg aus Karlsruhe, zurück nach Düsseldorf – warum dann nicht gleich in die Galerie des berühmten Vaters einsteigen?
Fragen, auf die der Junior erwartungsgemäß gut vorbereitet ist – wahrscheinlich werden sie ihm immer wieder gestellt. Er antwortet mit »unglaublichem Respekt«, den er für den Vater empfinde. Für dessen mutigen Schritt, sich damals mit gerade mal 25 Jahren in diesem Metier selbständig zu machen. 1965, als es vielleicht zehn Galerien in Deutschland gab. »Er hat Dinge gemacht und geschafft, die ich nicht, auch nur ansatzweise, erfüllen könnte, wenn ich für ihn arbeitete«, so der Sohn. »Da würde ich mich ins gemachte Nest setzen – das hat er nicht getan. Und das tue ich auch nicht.«
Max Mayer will sein eigenes Ding. Dass es ausgerechnet eine Galerie sein muss, sei ihm dabei lange nicht klar gewesen. Auch das Studium habe er keineswegs mit dem Hintergedanken ergriffen, diese Laufbahn einzuschlagen. Auch wenn Elternhaus und Umfeld den besten Background dafür boten. Mit Max Bill als Patenonkel. Mit Hausbesuch von Beuys bis Warhol. Mit Zeichenunterricht bei Keith Haring. Mit einem Vater, der dem Nachwuchs die Leidenschaft für Kunst vorgelebt hat. »Nicht als etwas, das man bloß gern um sich hat, sondern als etwas, das einem auf den Nägeln brennt«, wie der Sohn es formuliert. Das Interesse sei immer dagewesen. Und obwohl Max sich irgendwann gar einmal als Sprayer versucht haben soll, wie man hört, war ihm sehr bald klar, dass er selbst kein Künstler ist. Lieber holt er sich welche ins Haus.
Und sieht sich bei der Wahl seiner Gäste offenbar am liebsten unter Gleichaltrigen um. So lud er zur Galerie-Eröffnung den Kölner Jan Paul Evers (Jg. 1982) mit Arbeiten, die nach den Möglichkeiten der analogen Fotografie forschen, dabei immer wieder den experimentellen Gebrauch des Mediums in den Blickpunkt rücken. Es folgte David Heitz (Jg. 1983), Mayer kennt ihn noch aus Karlsruhe. In Düsseldorf präsentierte er den Künstler mit einer Diaprojektion und Objekten aus Tischen und Platten, die auf feinsinnige Weise vorführen, was Skulptur bedeuten kann.
Bisher stehen nicht mehr als diese beiden auf Mayers Künstlerliste, und er findet das natürlich sehr gut und richtig so. Alles Weitere müsse sich ergeben, bemerkt der Galerist mit geduldigem Unterton. In aller Ruhe bastelt er an seinem Profil. Mit schlichtem Konzept: »Ich mache ein Programm, das ich selbst gerne sehen würde. Und herrlicherweise interessiert es auch noch andere.«
Galerie Max Mayer, Worringer Str. 57, Düsseldorf. www.maxmayer.net
Die Gruppenausstellung mit Arbeiten von Cayetano Ferrer, Cornelius Quabeck und Anne de Vries läuft dort bis zum 24. März 2012.