Man kommt hier nicht weit. Am Ende landet man doch immer irgendwie in Wattenscheid in dieser Samstagnacht, in der Stefan und seine Freunde von früher noch mal einen draufmachen wollen. Auch wie früher: Ab an die Tanke an der Bochumer Alleestraße, Kasten Bier hinten rein und los. Da ist Stefan schon mittendrin im Wochenende, an dem die A40 im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 gesperrt wird und er doch eigentlich nur das Haus seiner Eltern verkaufen will. Vor zehn Jahren ist der Schauspieler nach München gezogen, möchte die Angelegenheit möglichst zügig klären und schnell zurück. Aber da Bochum keine Weltstadt ist, kann er sich seiner Vergangenheit nicht entziehen und trifft auf die Menschen von damals – und auf seine Sandkastenliebe Charlie; jene Frau, die seinerzeit der Grund für ihn gewesen ist, nach München zu gehen.
Frank Goosens Roman »Sommerfest« funkt auch weiterhin auf der Frequenz seiner früheren Werke wie der Kurzgeschichtensammlung »Radio Heimat«. Zum Glück verzichtet Goosen auf die Verklärung der industriellen Vergangenheit des Ruhrgebiets; um dem »Bergbauscheiß« hinterher zu trauern, ist Stefan schlicht zu jung. »Als er aufwacht, kommt ihm alles sehr klein vor«, heißt es direkt im ersten Satz, und später: »Es war so viel vorbei«. Es geht ums Nachhausekommen, um Selbstvergewisserung, um die Frage, wo man hingehört. Komisch-sentimental, aber nie kitschig – und wenn auf besondere Art: Nachts mit einer Flasche Bier auf einer Autobahnbrücke stehen und auf die Leuchtreklamen des Autozubehör-Tempels »D&W« zu blicken, das hat eine eigene Romantik. Auch wenn Goosen vor einigen Jahren mal eine Art »Ruhrgebiets-Buddenbrooks« angekündigt hat – es wäre interessant zu lesen, wenn er in Zukunft zur Abwechslung mal das Ruhrgebiet literarisch verlassen und sich für seine großen Themen eine neue Heimat suchen würde. Muss ja nicht gerade München sein.
Frank Goosen: »Sommerfest«. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2012, 320 S., 19,99 Euro. Zahlreiche Lesungen in der Region: www.frankgoosen.de