TEXT: INGO JUKNAT
Was wäre die Avantgarde eigentlich ohne Leerstand? Die Frage kann man sich Anfang Dezember mal wieder stellen. Dann findet in Köln nämlich das »Week-End« statt, ein genreübergreifendes Kulturfestival. Ort des Geschehens ist der ehemalige UFA-Palast am Hohenzollernring. 2009 lief hier der letzte Film. Seitdem wird der 20er-Jahre-Bau immer wieder von Künstlern bespielt. Das »Week-End«-Festival ist die bisher ambitionierteste Veranstaltung in dem alten Lichtspielhaus.
Passend zum Rahmen geht es auch um Kino. Sieben Filme laufen an zwei Tagen, es ist ein ziemlich eklektischer Mix. Da trifft Rocky auf die Marx Brothers, der Zauberer von Oz auf Pierrot le fou und Clint Eastwood auf ein paar glorreiche Halunken. Dass die Filme keine thematische Klammer haben, hat seinen Grund. Die Auswahl stammt nicht von den Week-End-Machern, sondern von den Musikern, die das Konzertprogramm bestreiten.
Die Künstler würden manch größeres Festival adeln. Da wäre, allen voran, Thurston Moore. Mit seiner Noiserock-Band Sonic Youth hat er Generationen von Indie-Musikern beeinflusst. Diesmal tritt er solo auf. Etwas softer, aber nicht weniger experimentell, geht es bei John Maus zu. Der Amerikaner verbindet scheinbar inkompatible Einflüsse von Musikern wie Giorgio Moroder und Throbbing Gristle zu einem manchmal tanzbaren, manchmal sperrigen, Synthiesound. Aus Deutschland kommt Oberpolarisierer und Ex-Blumfeld-Mann Jochen Distelmeyer. Im UFA-Palast stellt er die Songs seines Soloalbums »Heavy« vor. Dass der Titel ironisch gemeint ist, muss man nach Distelmeyers an/aus-Beziehung mit »intellektuellem Schlager« kaum betonen. Er ist nicht der einzige Gast aus Hamburg. Hinzu kommt Jacques Palminger. Die Kings of Dub hat er diesmal zuhause gelassen, seine bizarr-lustigen Deutsch-Chansons funktionieren aber auch so. Ein »interaktives campy Abendprogramm« hat Palminger angekündigt. »Mit viel Phantasie und wenig Schamgefühl«. Bleiben Mary Pearson und Rob Barber, alias High Places. Das Duo aus L.A. bringt das Kunststück fertig, sogar Folk irgendwie futuristisch klingen zu lassen.
Die gute Besetzung des »Week-End« kommt nicht von ungefähr. Hinter dem Festival stehen zwei Menschen mit viel Erfahrung im Kölner Nightlife. Jan Lankisch ist Mitarbeiter des Kölner »Tomlab«-Labels und bucht die meisten Konzerte im wunderbaren »King Georg« in Nippes. Auch sein Kompagnon Jörg Waschat hat Booking-Erfahrung. Seit 2003 organisiert er die Musikreihe »Neue Mitte« an wechselnden Orten. Da stapelt der Untertitel des Festivals »Von Fans für Fans« eigentlich zu tief. Zumindest, wenn man mit Fan-Veranstaltungen selbstkopierte Flyer und improvisierte Organisation verbindet.
Week-End, 2. bis 4.Dezember 2011, Köln, ehemaliger UFA-Palast, www.weekendfest.de