// Marco ist aufstrebender Politiker. Aber wird dann doch nicht Minister. Seine erste Frau Milica ist tot, sein Söhnchen Zoran ein dickes Kind. Seine neue Frau Milena will schwanger werden, aber gebiert dann nur einen Ehering. Marco kneift vor allem, Zoran frisst und frisst, Milena läuft jeder Tag zwischen den Fingern durch. Dieweil schleicht die tote Milica singend im Brautkleid im Hintergrund herum. Auf dem Friedhof, der auf der kleinen Casa-Bühne des Essener Schauspiels gleich hinter der Straßenlaterne dicht beim Esstisch der Familie Marco liegt, leben auch die Hundefrau und der Streuner. Sie kommentieren alles, was geschieht. In Biljana Srbljanovićs neuestem Stück »Barbelo« geht es um vieles, beinah alles: Politikerkarriere, Familienleben, Sozialkritik, Mamawerden, Mamaverlieren, Älterwerden, Altsein, Obdachlosigkeit, Totsein, Turbokapitalismus. In Hundemetaphern, in Dia- und Monologen. Einfach ums Leben geht es allerdings nicht, dafür ist das Setting dieses Essener Auftragswerks (das gleichwohl in Srbljanovićs Heimat Serbien uraufgeführt wurde) zu künstlich, sind seine Sätze zu existenzialistisch schwarzlackiert. Der ausgestopfte Florian Lange als Zoran verausgabt sich als perfekt unerträgliches Deix-Kind, abstoßend und rührend. Henriette Thimig als Hundefrau ist ein Felsblock der Herunterkommenheit, bleibt jedoch schauspielerisch unterbeschäftigt. Therese Dörr versucht sehr lebhaft, ihrer schmalen Figur Milena Format zu geben. Die Inszenierung Anselm Webers betont das Komische, lässt das Trostlose dennoch nicht aus. Was das kleine Stück auch nicht groß machen kann. // UDE
Gefährdete Ungefähre
01. Mrz. 2009