// Becketts »Godot« kann man inszenieren wie Matthias Hartmann 2002 in Bochum: Er setzte das Stück in einen Goldrahmen, suchte beste Schauspieler und ließ den Klassiker Klassiker sein. Die andere Möglichkeit wählte Philipp Preuss nun am Schauspiel Dortmund. Der 33-Jährige, Träger mehrerer Förderpreise, zeigt, wie man zeitlose Stücke dicht und stimmig ans Heute holen kann. Die Sinn-Frage ist heute ebenso aktuell wie 1953. Verändert aber hat sich die Art, das Warten, das Suchen, das Leben auszuhalten, so Preuss’ These.
Es ist es nicht mehr still, sondern gesättigt von penetranter Fahrstuhl-Musik. Es findet nicht mehr im Nirgendwo einer Landstraße statt, sondern am Flughafen, der trotz Alu-Blumenkübel und Neonlicht das Versprechen eines besseren Lebens woanders birgt (Ausstattung: Ramallah Aubrecht). Und es spielt in der Mediengesellschaft, in der Zeitvertreib albernes Entertainment bedeutet, geistloses Geplapper, dessen einziger Zweck ist, (Sende-)Zeit zu füllen und billig Emotionen zu erzeugen – in Endlos-Schleife: Wieder und wieder mimt Estragon (Matthias Heße) Comic-haft einen Sterbenden, kracht auf sein Furzkissen. Erlösung wäre, ein größeres Publikum zu finden.
Die jungen Schauspieler improvisieren, treten aus den Rollen und reflektieren ironisch ihre Möglichkeiten, Neues zu zeigen: Es gibt keine. Also »performen« und »entertainen« sie, und Medien-Impresario Pozzo (Andreas Vögler) lässt Lacher vom Band einspielen.
Seine Peitsche ist ein Mikro, sein auf Befehl tanzender Sklave Lucky (Patrick Jurowski) ein verheiztes Opfer der Unterhaltungsindustrie. Der rutschige Bühnenboden wird bei alldem immer gefährlicher. // PIN